Kandalakscha scheint es zu Zeiten der Sowjetunion recht gut gegangen zu sein. Heute verfallen auch hier viele Häuser. Der Hafen wird jedoch noch rege genutzt. Wir kaufen nocheinmal für die nächsten Tage ein. Durch Umba fahren wir weiter in Richtung Weißes Meer. Durch ein kleines Fischerdorf führt uns ein Weg direkt ans Wasser.
Wir stehen sehr ruhig DIREKT am Meer; traumhaft...außer...diese MÜCKEN!
Um nicht mehr der langweiligen Magistrale weiter zu folgen haben wir uns einen mehr oder weniger parallelen Weg dazu ausgesucht den wir fahren wollen. Im Vorfeld hatten wir schon gehört, dass man je nach Wetterlage die Straßenverhältnisse anschauen und dann entscheiden muss, ob man die Straße nutzen kann.
Wir haben strahlenden Sonnenschein und die Piste ist zu Anfang echt OK.
Im weiteren Verlauf jedoch tauchen immer mehr Löcher, Matsch und Steine auf. Durch Wälder, Sümpfe und Hügel kämpfen wir uns vorwärts. Bis dahin, ohne Zwischenfall.
Unterwegs kommen wir durch das Dorf Vost. Munozero welches fast völlig verlassen ist. Nur vor sehr wenigen Häusern stehen noch Autos und sie sehen bewohnt aus. Die restlichen Häuser aufgegeben und dem Zerfall überlassen.
Mehrfach fallen uns LKW Spuren auf, die noch sehr frisch scheinen. Wir witzeln, dass hinter der nächsten Kurve vielleicht einer steht und buddelt.
Die Äste hängen tief, mit dem Lux passen wir gerade so noch gut durch.
Nach ein paar Kurven steht plötzlich tatsächlich ein LKW vor uns, oder besser ein Unimog mit schweizer Kennzeichen.
Fix ausgestiegen und siehe da, vor dem Unimog stehen weitere vier Reisefahrzeuge.
Ein umgebauter Defender und drei "normale" Geländewagen.
Wir haben also eine Tour von einem Anbieter aufgegabelt.
Ein paar Ecken weiter ist es an einer Stelle möglich, dass wir überholen können (die Gruppe ist furchtbar langsam unterwegs).
Noch kurz nett gequatscht und weiter gefahren.
In einem weiteren, noch etwas bewohnteren Dorf (Inga), will unser Navi links über eine sehr marode Brücke abbiegen, der Track welchem wir eigentlich folgen geht aber rechts weiter.
Hmm...wir entscheiden uns für die Brücke und biegen links ab.
Am Ausgang des Dorfes treffen wir noch auf den lokalen Schrottplatz und knipsen zwei alte Autos die einfach im Wald stehen und verrotten.
Kurz darauf führt die Straße in einen Sumpf. Der Weg ist mit Baumstämmen "gesichert", wir fahren. Doch schon nach wenigen Metern das erste Loch...und mit jedem Meter werden diese tiefer und fieser. Der Lux hat gut zu kämpfen.
Dann, ein heftiger Schlag und wir hängen in einem Loch.
Die komplette vordere Achse ist einfach im Loch verschwunden und der Lux liegt auf dem Motorschutz auf. Die Federn der Vorderräder fast vollständig ausgefedert und im Wasser versunken. Der Absatz über dem der Lux hängt muss gut 60cm tief sein.
Na toll...ok...aussteigen, überlegen.
Rausziehen wäre am einfachsten. Aber mit was? In einem Sumpf wachsen keine dicken Bäume, nur ein paar dürre Birken.
Wir buddeln unter einem der Baumstämme des Straßenbelags durch und schlagen dort den Greifzug an. Zur Sicherung noch ein Baumstamm quer darüber.
Linda zieht mit dem Greifzug Hanjo versucht rückwärts zu fahren.
Bewegen tut sich nur der Baumstamm und zwar nach oben...also Aktion eins missglückt.
Nächste Idee: Lux mit Wagenheber anheben, Steine und evtl. Sandblech unter die Reifen im Wasser bekommen, raus fahren. Ausprobiert, Versuch Nummer zwei auch gescheitert.
Nochmal den Greifzug angeschlagen an drei kleinen zusammengebundenen Birken, nochmal Steine drunter, rückwärts fahren. Nein auch Nummer drei, kein Erfolg.
Letzte Idee, bevor wir ins Dorf zurück laufen, und um Hilfe bitten: Lux noch etwas weiter vor fahren, Steine und Sandbleche als Rampe nutzen, rückwärts fahren.
Siehe da, geglückt. Puhh...mit einem blauen Auge beim vierten Versuch davon gekommen.
Nach dieser Aktion haben wir alles zusammengepackt in 3000 Zügen auf dem Stück festen Weg gewendet und sind (mit fast noch einem Festfahren) aus dem Sumpf raus.
Erstmal ein Snickers!
Zurück über die alte Brücke und wer steht dort?! Die Reisegruppe und hat ihr Camp im Dorf aufgeschlagen.
Alle sichtlich überrascht uns nochmal zu sehen. Wir erzählen was passiert war, großes Staunen. Wir erfahren, dass sich vor einigen Monaten an eben dieser Stelle ein Ural festgefahren hatte. Ok, wenn so einer da nicht weiter kommt dann wir erst recht nicht.
Wir gönnen uns die Pause und schnacken kurz mit der Truppe welche sichtlich begeistert unseren Lux bewundert. Eine halbe Stunde später fahren wir weiter; den RICHTIGEN Weg!
Wir fahren bis in den späten Abend um das Gebiet noch zu verlassen. Auf diesem Weg stehen wir plötzlich mitten im absoluten Nichts auf einer asphaltierten ca. 5km langen Start- und Landebahn. Wir queren die Bahn, 100m daneben nochmal eine genauso große Start- und Landebahn! Verrückt die Russen...
Die von dort weg führende "Straße" ist eine Piste mit riesen Löchern und Steinen. Für was also dieser Flugplatz mitten im Nichts...keine Ahnung, etwas spuky.
Direkt an der asphaltierten Hauptstaße übernachten wir am Fluss Umba.
Wir sind heute 140km offroad in 11h gefahren. Als wir nach dem Lux sehen stellen wir fest, dass eine Felge einen Schlag hat und der Reifen dabei auch etwas abbekommen hat. Außerdem sind ein Schmutzfänger ab und einer angerissen. Alles jedoch nicht so schlimm, dass man nicht weiterfahren könnte.
Fix und fertig liegen wir um 0:30 im Bett.
Am nächsten Morgen herscht am Fluss reges Treiben. Viele junge Leute mit Booten und großen Gepäcktaschen tummeln sich. Offensichtlich eine mehrtägige Tour auf dem Fluss.
Wir fahren nach Kirowsk. Scheint recht wohlhabend durch den Abbau von Bodenschätzen und Ski-Tourismus zu sein. Von dort fahren wir ein Stück durch das Tal zwischen zwei Gebiergszügen (den größten der Kolahalbinsel) und besuchen einen Wasserfall. Die Auffahrt führt mehrfach mitten durch einen Fluss und ist im Gegensatz zur Tortur gestern echter Urlaub.
Wieder über Kirowsk fahren wir nach Murmansk und besuchen den Toyota Händler.
So einen Toyota Laden hat Deutschland noch nicht gesehen. Riesig, piek fein und alle sehr sehr bemüht. Und wir bringen so eine dreckige Karre da an...
Einmal abschmieren, durchschauen und waschen. Kein Problem wird auch Sonntags erledigt (bis 21h geöffnet). Der englischsprachige Mitarbeiter ist mehr als zuvorkommend. Der Lux wird mehrfach von den Mitarbeitern fotografiert und sofort in die Werkstatt gefahren. Nach 20 Minuten steht er gewaschen wieder auf dem Hof. Wir fragen wo wir zahlen sollen. Mit einem Kopfschütteln und einem Lächeln gibt uns der Mitarbeiter zu verstehen, dass sie das gern aufs Haus getan haben. WoW wir bedanken uns ausgiebig und kommen sicher nochmal wieder wenn sich die Gelegenheit ergibt.